Liebe Coquelicot, du sprühst ja über vor Erzähllaune und Ideen. Und du hast natürlich recht: Wenn wir unterwegs sind, können wir all die Dinge, die uns begegnen als Schreibimpulse vom Wanderweg nutzen.
Eine wirklich lockere Art ist es, diesen Gegenstand einfach als Anregungen zu nehmen und sich zu trauen, drauf los zu schreiben. So bekommt man relativ schnell Ideen auf das Papier. Der Text entsteht wie von alleine – auch wenn er vielleicht noch nicht druckreif ist. Nach dem Schreiben kann man sich die Anregungen anschauen und überlegen, welche Idee davon sich gut ausbauen ließe – vielleicht zu einer Kurzgeschichte, einem Gedicht oder zu einem sehr prägnanten Aphorismus. Vielleicht steckt aber im Text einfach eine neue Erkenntnis …
Ja, einmal habe ich einen Schwanenfeder gefunden und mitgenommen. Sie erinnerte mich an früher, als die Menschen noch mit Feder schrieben. Hier mein spontaner Text, nachdem ich versucht habe, mit der Feder zu schreiben:
Warum nicht mit den Fingern in den Schnee schreiben, mit einem Stöckchen in den Sand Buchstaben ziehen – Warum nicht mit Zitronensaft geheime Botschaften auf einen Boden Papier pinseln, aus Gräsern ein wuscheliges Schreibutensil zusammenbinden und aus Holunderbeeren eine Tinte pressen … Warum also auch nicht eine Schwanenfeder ins Tintenglas tauchen und schreiben?
Ich hole ein Messer aus der Küche, schnitze die Feder unten herum an, so wie ich denke, dass es gut ist, tauche sie in mein Tintenglas und los geht die Schreiberei – doch sie hört auch gleich wieder auf, denn meine Tinte ist bereits nach dem dritten Buchstaben verbraucht. Also eintauchen, schreiben, eintauchen, schreiben, eintauchen …
Solange ich fasziniert bin von dem, was passiert, ist meine Schreibwelt in Ordnung. Doch wehe, ich will einen Text schreiben über ein Thema, bei dem die Worte im Kopf Schlange stehen und die Formulierungen nur so aufs Papier purzeln wollen. Wehe, ich muss einen Text schreiben, der gestern schon hättet fertig sein sollen …
Was dann?
Liebe Feder, du bist zum Fliegen geboren – für den Flow taugst du leider nicht. Aber sei nicht traurig, denn Fliegen ist schön, gerne lass ich mit dir zusammen das Leichte und Kreative fliegen, schweben, das braucht ohnehin Zeit und Muße.
Liebe Feder, du bist für die Kunst geboren, nicht für den Alltag, denn du bist die langsamste unter meinen Schreibgeräten – du bist meine Muse, meine Kalliope, die in der Antike mit Schreitafel und -griffel dargestellt wurde – dein großer Vorteil: Du quietschst nicht.
Mein Füllfederhalter ist fürs Briefeschreiben, für die Postkarten an Weihnachten und die ganz besonderen Texte.
Meine Bleistifte sind flott, wenn es im Alltag ums Arbeiten von Hand geht, doch sie mögen das passende Papier und ich mag sie erst ab 3B aufwärts. Sie haben ein ähnliches Problem wie du – ohne das ständige Spitzen taugen sie nicht … Schreiben, spitzen, schreiben, spitzen – na wenigstens komme ich nicht dabei in Gefahr, das Tintenglas über der Schreibtischplatte auszugießen. Aber ich sage dir, eine ausgeschüttete Spitzerdose im Rucksack ist auch nicht fein.
Und dann natürlich Lappi – wenn’s schnell gehen muss. Wenn‘s gedruckt, verschickt oder online sein soll.
Muss es weiter gehen? Mir hat das Schreiben und Ausprobieren erst einmal Spaß gemacht. Mir ist auch klar geworden, dass ich mein romantisches Bild „Schreiben mit Schwanenfeder“ verwerfen kann – denn es funktioniert nicht für mich.
Schreibimpuls vom Wanderweg
Wenn du unterwegs bist, lass deinen Blick schweifen! Welches Ding fasziniert dich? Fass es an, fühle, spüre, schaue genau hin! Schreibe vor Ort einen spontanen Text oder nimm den Gegenstand mit nach Hause und schreibe später darüber. Ist er zu groß, mache einfach ein Foto. Notiere dir aber auf alle Fälle deine Sinneseindrücke. Vielleicht kannst du diesen Gegenstand „abklopfen“ und lauschen, wie er klingt.
Dann schreibe, spiele, schreibe weiter. Erlaube dir, kreativ und ungewöhnlich zu sein!